Wasserkraft und Gewässerökologie

Beides ermöglichen: Gewinnung regenerativer Energie aus Wasserkraft und eine intakte Gewässerökologie!

Ein StopAdapt-Projekt.



Hintergrund: Warum geht uns das etwas an?

In Bayern erzeugen ca. 4.200 Wasserkraftanlagen (inkl. Pumppeicher-kraftwerke PSW) mit einer Ausbauleistung von fast 3.000 MW (Megawatt) jährlich rund 13.000 GWh (Gigawattstunden) Strom. Der Anteil der Wasserkraft an der gesamten Brutto-stromerzeugung ist hierbei mit rund 15 % in Bayern im Vergleich zu den anderen Bundesländern am höchsten. Die Kehrseite der Medaillie: Wasserkraftanlagen greifen in das Ökosystem der Fließgewässer ein und verändern die Lebensbedingungen für Flora und Fauna der Gewässer. Charakteristische Bedingungen wechselfeuchter Lebensräume gehen verloren, die stetige Erneuerung gewässertypischer Habitate und Strukturen unterbleibt, Querbauwerke behindern oder unterbinden die Wanderung von Gewässerorganismen, insbesondere von Fischen. In sog. „Ausleitungsstrecken“ müssen ausreichende Mindestwassermengen deren ökologische Funktionen gewährleisten, vor allem in Niedrigwassersituationen. Leider ist das nicht immer der Fall.

Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt, 2016

Wir finden regenerative Energie aus Wasserkraft gut! Aber wir finden, eine intakte Gewässerökologie ist ebenso wichtig! Daher wollen wir an einem konkreten Fall exemplarisch und aktiv dazu beitragen, dass beides gleichzeitig möglich wird.



Das Projekt

Im konkreten Fall geht es um einen ca. 10 km langen Gewässerabschnitt der Traun, unweit des Chiemsees. Es handelt sich um einen aus  gewässerökologischer und fischereibiolo-gischer Sicht äußerst wertvolles Salmoniden-/Huchengewässer. Insgesamt 5 kleine Wasserkraftanlagen tragen dort maßgeblich dazu bei, dass an zahlreichen Tagen weder die fachlich vorgegebenen Mindesttiefen an den pessimalen Stellen noch die durchschnittlichen Mindesttiefen in den Ausleitungsstrecken eingehalten werden. Dies schadet nicht nur der Gewässserökologie sondern konterkariert auch die nicht kommerziell ausgerichteten Aktivitäten des Fischereirechteinhabers, diesen Gewässerabschnitt ökologisch zu bewirtschaften.

Als Verein unterstützen wir den Fischereirechteinhaber beratend und konzeptionell bei seinen Bemühungen, vor dem Hintergrund komplexer wasserrechtlicher und technischer Verhältnisse zu erreichen, dass die fachlich gebotenen Restwassermengen an 365 Tagen im Jahr mindestens eingehalten werden. Grundlage ist u.a. die "Handlungsanleitung zu ökologischen und energiewirtschaftlichen Aspekten der Mindestwasserfestlegung für bestehende kleine Wasserkraftanlagen mit Ausleitungsstrecken vom 21. Oktober 2021". Als erste konkrete Maßnahme wurde nach ausführlichen Diskussionen mit dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt in 2023 zum Jahresbeginn 2024 ein Monitoringprogramm auf den Weg gebracht.



Zwischenergebnisse und Ausblick

Nach einem halben Jahr ist erkennbar: Oft werden die wasserrechtlich vorgeschriebenen Stauziele an den Wehren nicht eingehalten. Die notwendigen Wassertiefen in den Ausleitungsstrecken wurden in fast 90% von bisher 32 Stichtagsbeobachtungen erheblich unterschritten. Die Fischaufstiegshilfen können ihre Funktion oft nicht erfüllen, weil sie verklaust (siehe Bild) und nicht an das Hauptwasser angebunden sind.  Eine entsprechende Stellungnahme zum aktuellen Umsetzungskonzept „Hydromorphologische Maßnahmen“ nach EG-WRRL wurde dem Landratsamt Traunstein im September 2024 übergeben.

Zu den Ergebnissen des Monitorings passen auch die Ergebnisse einer Stichtagsmessung, die das Wasserwirtschaftsamt Ende Juli 2024  durchgeführt hat. Eingesetzt wurde eine innovatives mobiles System. Bei diesem Verfahren wird die Fließgeschwindigkeit an einem Fließquerschnitt nicht mehr wir früher mit einem Flügelrad gemessen. Stattdessen werden bei kontinuierlicher Messung des Füllstandes (Drucksensor) die lokalen Geschwindigkeiten von Partikeln im Fließgewässer (Gasblasen oder Schmutzpartikel) erfasst, die sich mit der gleichen Geschwindigkeit wie das sie transportierende Wasser bewegen. Die Reflexionsmuster werden mittels Kreuzkorrelationsverfahren auf ihre Ähnlichkeiten hin überprüft und sofort ausgewertet.

Wegen der stark schwankenden Abflussverhältnisse an der Traun ist eine einzelne Stichtagsmessung nur bedingt aussagekräftig. Häufigere Messungen durch das Wasserwirtschaftsamt sind jedoch wegen der begrenzten personellen Kapazitäten leider nicht möglich. Deshalb werden wir im nächsten Schritt das laufende Monitoringprogramm selbst um Abflussmessungen erweitern. Erste Tests mit einem hydrometrischen Messflügel (siehe Projekt "Extremwetter / Hydrometrie") wurden am 11.10.2024 durchgeführt.



Um den fachlichen Anforderungen an der Traun zu entsprechen, müssen wir allerdings das vom Wasserwirtschaftsamt eingesetzte Verfahren (s.o.) anwenden. Das wird uns durch eine Förderung der Deutschen Postcode Lotterie ermöglicht, die durch private Spenden aufgestockt werden konnte.